Das Erleben der Wandlungsphasen - Das Metall

Im Zyklus der Fünf Wandlungsphasen der chinesischen Medizin gibt es fünf Jahreszeiten, deren jeweilige Eigenart mit den Fünf Elementen in Verbindung steht. Der Herbst ist mit dem Metall-Element assoziiert. Es ist die Zeit der Ernte und der Vorbereitung auf die Jahreszeit der Ruhe. Der Herbst beginnt mit der Tag- und Nachtgleiche am 23. September, wenn die Dunkelheit der Nacht wieder die Länge des Tages erreicht hat. Danach werden die Nächte immer länger bis zur Wintersonnenwende, der längsten Nacht.

In der Natur ziehen sich die Kräfte zurück und alles konzentriert sich auf das Wesentliche. Die Bäume werfen ihre Blätter ab und leiten ihre Säfte aus den Ästen in die Wurzeln zurück. Die Tiere hamstern die Essensvorräte für den Winter und suchen sich ein warmes, geschütztes Quartier. Auch die Menschen sammeln ihre Kräfte und bringen, wie man in ländlichen Gebieten beobachten kann, die Ernte für die kalte Jahreszeit ein.

Für uns Menschen ist der Herbst eine Zeit der Wende nach Innen. Nach dem Frühling und dem Sommer, den nach außen gehenden Yang-Zeiten des Jahres, in denen Wachstum, Lebendigkeit, Leichtigkeit und Freude im Vordergrund stehen, beginnt nun die Yin-Periode des Jahres, die im Winter (Element Wasser) ihren Höhepunkt erreicht. Jetzt überwiegen die Kräfte der Dunkelheit und bewirken ein Nach-Innen-Gehen, eine Zeit der Einkehr und Sammlung.

In der Natur scheint das Leben äußerlich zu vergehen. Das kann Gefühle der Traurigkeit oder Melancholie auslösen – Emotionen, die mit dem Herbst bzw. dem Metall verbunden sind. Gelebte Trauer, wie wir sie etwa nach dem Verlust eines geliebten Menschen oder nach einer vergangenen Episode des Lebens erfahren, ist elementar wichtig für unsere körperliche, geistige und seelische Gesundheit. Nur so können wir wirklich Abschied nehmen von etwas, das unwiderruflich vorbei ist. Die Wandlungsphase Metall lehrt uns, loszulassen und die Dinge so zu nehmen, wie sie sind.

Aufnehmen und Loslassen

Aufnehmen und Loslassen sind auch die grundlegenden Kennzeichen für die Organe Lunge und Dickdarm, die dem Metall zugeordnet sind. Durch die Lungen sind wir im ständigen Austausch mit dem uns umgebenden Sauerstoff und der gesamten Atmosphäre. Dieser rhythmische Wechsel von Ein-und Ausatmung, von Anspannung und Entspannung, ermöglicht ein pulsierendes Leben und erst dadurch kann sich eine konzentrierte Kraft, unsere Lebensenergie „Qi“, entfalten.

Viele östliche Meditationstechniken lenken die Aufmerksamkeit auf die Atmung, weil der Meditierende durch die Beobachtung des Atems die Identifikation mit seinem Körper, den Gefühlen und Gedanken verringern und eine gesunde Distanz entwickeln kann. Buddha soll vor 2500 Jahren allein durch das Betrachten seines Atems zur Erleuchtung gelangt sein.

Die Sehnsucht nach Spiritualität, nach dem „Wesentlichen im Leben“, gibt uns das Metall. Alle Übungen und Therapien, die das Bewusstwerden oder die Vertiefung der Atmung hervorrufen, wirken sich positiv auf dieses Element in uns aus.

Das zentrale Thema des Metalls findet sich ebenfalls in der Funktion des Partners der Lunge, des Dickdarms. Auch hier geht es um Aufnahme und Abgabe – die Lagerung und das Loslassen des Abfalls. Ist die Fähigkeit, loszulassen nicht entwickelt, leidet der Organismus unter Verstopfung und Stagnation.

In der Akupressur gibt es einen Meisterpunkt bei Verstopfung, sei es nun Stuhlverstopfung oder aber auch „Verstopfung“ im Gesicht wie bei Erkältung, verstopften Nebenhöhlen usw. Dieser Punkt – „Dickdarm 4“ hat u.a. den Namen „Der Große Ausscheider“. Um die Ausscheidung anzukurbeln kann man die ganze Zone des Punktes massieren, die sich zwischen den Mittelhandknochen von Daumen und Zeigefinger befindet. (WICHTIG! Bei Schwangeren nicht drücken!).

Nichts befreit so sehr, wie endlich das loszuwerden, was der Organismus nicht mehr haben möchte. Und damit sind wir zu einem grundlegenden Lebensgefühl der Körper-Geist-Seele gekommen, das uns das Metall vermittelt : Dem Gefühl der Freiheit!!

Autor: Rüdiger Kromp, Shiatsu Lehrer