"Angst essen Seele auf", so heißt ein wunderbarer Film von Rainer Werner Fassbinder aus dem Jahre 1974

Angst und Furcht beinhalten

Angst und Furcht sind ein ansteckender Virus. Das ist etwas, was wir aus der Menscheitsgeschichte lernen können. Ängste, die nicht reflektiert werden und die auch im Moment gerade nicht akut sind, sind Auslöser von Aggressionen, Schutzmechanismen, Abgrenzungen, Kriegen oder Verfolgung von Minderheiten. Und Ängste haben weitreichende Einflüsse auf die Biochemie unserer Körper und unser Immunsystem.

"Angst essen Seele auf"

Unser Gehirn unterscheidet dabei nicht zwischen akuten Ängsten (einer direkten präsenten Bedrohung im Hier und Jetzt) oder einer Bedrohung, die auf Grund von Vorstellungen und Gedanken oder vergangenen Erfahrungen existiert.
Wenn wir uns Zeit und Raum nehmen unseren Ängsten zu begegnen, können wir eher wahrnehmen wie und woraus sie entstehen und wie sie in eine bestimmete Meinung, Position oder Weltanschauung münden.

Im Folgenden eine einfache Übung, um zu unterscheiden mit welcher Art von Angst ich es gerade zu tun habe.  Diese Übung kann jederzeit durchgeführt werden , sofern die Angst oder Panik mich nicht vollständig absorbiert hat, dann braucht es eine Person, die mich begleitet:

Übung: Angst identifizieren

Hinsetzen und den Blick, die Wahrnehmung nach Innen richten. Den Atem beobachten und die Aufmerksamkeit auf den Aus- und Einatem lenken. Den Körper wahrnehmen: wo sitzen Spannungen, Ängste, Emotionen,Taubheit, Lebendigkeit...
Dann die Umgebung wahrnehmen in der ich mich gerade befinde, den Raum um mich herum aufmerksam betrachten: was sehe ich jetzt, was höre ich, was rieche ich in diesem Moment....
Ist es jetzt sicher dort wo ich in diesem Augenblick befinde oder bin ich jetzt in diesem Moment tatsächlich bedroht?
Wenn ich Jetzt in diesem Moment nicht bedroht bin, dann kann ich von diesem Punkt aus meinen Bewusstseinsraum erweitern und mir anschauen welcher Anteil in mir Angst hat.
Gute Fragen hierfür sind:
Was genau macht mir Angst in der jetzigen Welt?
Was passiert in meinem Körper, wenn ich die Angst berühre, was passiert mit meinem Atem ?
Wie alt bin ich in meiner Angst?
Wer aus meinem Familiensystem hatte vielleicht viel Angst, weil er Erfahrungen gemacht hat, die lebensbedrohlich waren?

Je mehr ich meine eigene Angst beinhalten kann destoweniger muss ich sie nach außen projezieren und kann leichter erkennen, um was für eine Bedrohung es sich tatsächlich handelt.

Ängste, die aus der Vergangenheit meiner Erfahrungen oder aus kollektiven Feldern kommen, fühlen sich oft ganz real an und sind doch nur die Spuren aus der Vergangenheit. Wenn wir mit diesen Spuren aus der Vergangenheit dann auf aktuelle Situationen reagieren, verzerrt sich die Wirklichkeit und wir fühlen uns bedroht, angegeriffen, ohnmächtig etc. Aus diesen Gefühlen entstehen dann unbewusste Schattenmuster oder Reaktionsmuster. Meist ist dann gar nicht im Bewusstsein, dass Rebellion, Ohnmacht, Ignoranz, Wegschauen, Mitmachen eine Reaktion auf persönliches und kollektives Trauma ist.

Je mehr ich meine Angst spüren und zulassen kann, desto eher kann ich sie auch umarmen und schaue nicht durch die Brille der Angst in die Welt und interpretiere sie aus dieser Brille heraus.